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Tornado Vorwarnung Anzeige

MeteoRemich wrote 4 months ago:

Guten Tag,
Am Samstag Abend wurde auf der MeteoPool Seite eine Mesozyklone Stufe 5 von 5 + Meteopool Tornadofrüherkennung angezeigt. Ich habe dazu ein Screenshot erstellt.

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Meine Frage ist jetzt, auf welcher Grundlage diese Warnung ausgerufen wurde? Ich habe schon beim deutschen Wiederdienst nachgefragt und die sagten mir ich sollte hier nachfragen. Es geht einfach darum, ob es eine reale Tornadogefahr gab und vielleicht die Schäden, 6km weiter, damit zu erklären wären.

Vielen Dank für die Mithilfe.

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago:

Hallo MeteoRemich,

ich zitiere einmal unsere Hilfe & FAQ zur Tornadofrüherkennung:

Zusätzlich zu oben beschriebener Erkennung wird noch ein von Meteopool entwickelter Algorithmus eingespielt. Es geht dabei um die Erkennung von bodennaher, Tornadoentwicklung begünstigender Rotation, Funneln oder bereits ausgebildeten Tornados. Wird eine solche Eigenschaft erkannt, wird das normale Symbol durch ein untenstehendes Symbol ersetzt. Eine mit diesen Symbolen markierte Rotation ist folglich mit deutlich höherer Gefahr verbunden und sollte mit entsprechend notwendiger Aufmerksamkeit behandelt werden.


Wir haben uns auch noch einmal die Velocity Scans (Doppler Radar) angeschaut und die Tornadogefahr war definitiv gerechtfertigt. An dieser Gewitterlinie waren aber zeitgleich auch starke Indizien für Microbursts oder Downbursts vorhanden. Nicht selten können beide Windphänomene räumlich nah beieinander auftreten oder sich beim Durchzug hintereinander überlagern, sodass sich am Ort des Schadens kein sofort eindeutiges oder ein chaotisches Bild ergibt.

Eine Beurteilung, welche Ursache für Schäden in Frage kommt, kann deshalb nur durch fachkundige Personen vor Ort oder durch ein vollständiges Lagebild mit Fotos bzw. Drohnenüberflug vorgenommen werden. Eine reine Abschätzung oder gar Festlegung anhand von Radarbildern ist unseriös, das gilt natürlich auch für die Mesozyklonen-Einstufungen. Diese sind als Hinweisgeber und Vorwarnung zu verstehen. Die normale Rotationserkennung ist sozusagen Alarmstufe gelb, Tornadofrüherkennung ist Alarmstufe rot. Generell gilt: Zeigt unser System etwas an, dann ist da auch etwas. Mindestens erkennbare Rotation, meist auch fotografische Leckerbissen. Bei besonders starken Mesozyklonen und Tornadovorwarnung kann man sicher sein, dass sich ein Foto lohnt und es sich nicht um ein langweiliges Hitzegewitter handeln kann.

Es sei noch erwähnt, dass die Erkennung eine Schwachstelle bei Typ 2 Tornados hat. Die Mesozyklonen von Typ 2 Tornados sind oft sehr flach, also nicht hochreichend, und lassen sich damit weder gut im Velocity Scan erkennen, noch computergestützt detektieren.

MeteoRemich wrote 4 months ago:

Vielen lieben Dank für die schnelle Antwort. Leider verfügt Luxemburg über kein fachkundiges Personal und auch der staatliche Wetterdienst lehnt eine Überprüfung kategorisch ab. Es ist aber nun mal gut zu wissen, dass es nicht nichts war.

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago:

Besteht denn die Möglichkeit, selbst hinzufahren und eine halbwegs brauchbare Dokumentation anzufertigen? Eine Ersteinschätzung geht auch aus der Ferne.

MeteoRemich wrote 4 months ago:

Ich habe Drohnenbilder und weiter Bilder die ich gerne teilen kann.

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago:

Sehr gern. Entweder hier oder auf breiter Bühne (Twitter und entsprechende Tornado-Arbeitsgruppen). Falls du keinen Speicherplatz hast, komm gern auf unseren Wetter-Discord-Server, da kannst du unbegrenzt Bilder hochladen, ggf. Bildschirm livestreamen und mit anderen Leuten chatten sowie im Voicechat miteinander sprechen. Wenn du Material bereitstellst, schauen wir gern mit drauf und geben eine erste Einschätzung ab.

MeteoRemich wrote 4 months ago:

Oh da war ich jetzt zu voreilig. Ich habe sie jetzt per Mail an info@meteopool.org gesendet

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago:

Wir haben uns die Fotos angeschaut, es sind überwiegend Vegetationsschäden ohne erkennbares Lagebild zum Thema Fallrichtung. Eine Beurteilung anhand des vorliegenden Materials ist also nicht möglich.

MeteoRemich wrote 4 months ago:

Ich habe eben noch Fotos von dem am stärksten beschädigten Gebäude erhalten
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MeteoRemich wrote 4 months ago:

Der Rest vom Dach liegt gut 50m weiter in einem Feld

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago (edited 4 months ago):

Das sind alles Schäden in eine Richtung. Die Holzteile stecken in der Wand gegenüber. Das Dach wurde angehoben und umgeklappt. Der umgestülpte Sonnenschirm zeigt in die gleiche Richtung. Solang sich da kein einziger Schaden auf einer Gebäuderückseite oder eine abweichende Schadensrichtung an Vegetation und Bebauung auffinden lässt (es muss nicht 180° sein, aber schon signifikant abweichend), kann hier keine zweifelsfreie Aussage getroffen werden. Es könnte ein kurzer Streifschuss eines Tornados ohne Durchzug des Rotationszentrums gewesen sein, aber eben auch ein Microburst oder Downburst.

Die angerichteten Schäden unterliegen physikalischen Grundsätzen: Lässt man mal Luftwiderstand, Fallhöhe etc. außer Acht, so unterliegt die Energie der fliegenden Trümmer den Größen Masse und Geschwindigkeit. Ob der Kram dann aus einem 200 km/h Flächenwind oder einer 200 km/h Radialgeschwindigkeit im Tornado kommt, ist den fliegenden Objekten völlig egal.

MeteoRemich wrote 4 months ago (edited 4 months ago):

Vielen lieben Dank. Eine letzte Frage hätte ich noch. Ich hab mich mal mit der Fujita Torro Skala befasst. Wenn ich es richtig verstanden habe, kann man diese für Tornados und Downburst verwenden.
Vorsichtig angetastet kommt für mich eine Klassifizierung F1/T2 bzw. ganz begrenzt F1/T3 in Frage. Oder doch vielleicht höher?

Guido Richterteamstormchaser wrote 4 months ago (edited 4 months ago):

Es gibt mittlerweile so viele Skalen, dass kein Mensch mehr weiß, worauf man sich nun berufen soll. Der neueste Ansatz aus Europa (vom ESSL) ist eine internationale Fujita-Skala (IF).

Nach Torro und Fujita gehe ich mit bis T2 / F1. Nach IF liegen wir nach meiner Einschätzung zwischen IF1.0 und IF1.5. So gern ich dem Seitengebäude eine schwache Struktur zuschreiben würde, man darf nicht vergessen, dass mehr als 2/3 des Daches fehlen, das Dach weggeflogen ist und das Gebäude zwar dünne (Ziegel?)Wände hat, aber nicht zu den allerschwächsten zählt. Zudem erfüllt eventuell auch die Schneise mit den gebrochenen, gesunden Ästen IF1.5 Kriterien. Andere Schäden, wie z.B. die umgefallenen Bäume sehen zwar dramatisch aus, werden aber niedriger eingestuft, wenn man aufgeweichte Böden und extrem flache Wurzeln berücksichtigt.

Wichtig bei der Verwendung der Skalen ist immer die richtige Anwendung. Europäische Häuser sind z.B. im Schnitt anders gebaut als amerikanische Häuser. Aber selbst in Amerika ist nichts mehr, wie es mal war. Neuerdings werden Häuser auf grund Geldmangels noch schlechter gebaut, teils fehlt eine adäquate Verankerung im Fundament. Ein als Ganzes verlagertes oder kollabiertes Haus ist also nicht zwangsweise mit anderen Fällen zu vergleichen. Aus diesem Grund ist die korrekte Einstufung solcher Schäden immer Experten zu überlassen, eine Vorort-Begehung ist angeraten. Idealerweise besteht die Einstufung aus einem Stab von Experten, Architekten/Statiker, Vegetationsprofis und bei Schäden wie z.B. Strommasten kann es auch nicht schaden, Fachkundige aus diesem Spezialfeld zu befragen. Nicht jeder Hochspannungs-Stahlgittermast ist identisch, es gibt hier und da schwächere Ausführungen, die gern mal bei weniger Wind oder etwas zu viel Schnee & Eis kollabieren.

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