Hallo Sophie und erst einmal herzlich willkommen hier in der Community!
Wir beschäftigen uns hier überwiegend mit lokalen Unwettern und Stormchasing. Großräumige Wetterphänomene sind zwar auch interessant - zumal sie ja das lokale Wetter vorgeben - allerdings ist das Thema globales Wetter / Klima etwas weiter entfernt von unserem Hauptthema. Dennoch ist es natürlich immer wieder spannend, über den Tellerrand zu schauen.
Mit dem Thema "Medicane" ( "Mediterranean hurricane" ) öffnest du quasi die Büchse der Pandora. Die Forschung beschäftigt sich überhaupt erst seit relativ jüngster Vergangenheit mit diesem Thema - erstmals etwa 1980, als Satellitenbilder ein Thema wurden. Über die Details zur Definition von Medicanes wird immer noch jedes Jahr lebhaft diskutiert.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Medicane nicht die Eigenschaften von Hurrikanen teilt. Es handelt sich um ein Grenzphänomen, bei dem tropische Luftmassen und warmes Wasser mit kalten (z.B. polaren) Luftmassen zusammenstoßen und sich ausgeprägte Tiefdrucksysteme entwickeln können. Die Optik kann auf Satellitenbildern dabei durchaus denen der "echten" Hurricanes ähneln, allerdings werden bei Medicanes die spiralförmigen Wolkenbänder von außen angetrieben. Auch ist der Tiefdruckkern nicht selbsterhaltend und höhenwarm, sondern ähnelt eher normalen Sturmsystemen, wie man sie außerhalb der tropischen Zone kennt - also höhenkalt und nicht selbststabilisierend. Die Spiralbänder sind meist mit starken Gewittern und Windeffekten besetzt, während der Kern nicht sonderlich aktiv ist. Bei Hurrikanen ist das anders - hier bildet der Kern ein Auge aus und dort treten die höchsten Windgeschwindigkeiten auf.
Nun ist es aus meiner Sicht echt schwer, einen Medicane sicher vorherzusagen. Theoretisch könnte sich jedes formidable Tiefdruckgebiet auf dem Mittelmehr zu einem Medicane entwickeln, wenn die Bedingungen stimmen. Die Charakteristiken lassen sich dann anhand der Messwerte und mit Satellitenbildern einordnen. Ob das von dir genannte Tiefdruckgebiet ein Medicane wird - also z.B. einen wolkenfreien Kern und Spiralbänder ausbildet - kann meiner Auffassung nach Stand heute nicht sicher vorhergesagt werden. Es ist generell noch etwas weit hin, um eine präzise Prognose für nächste Woche abzugeben.
Es gibt durchaus Medicanes, die im Januar aufgetreten sind. Sogar gehäuft im Januar, vermutlich weil wir hier bereits wieder zunehmende Sonneneinstrahlung mit meist fest verankertem Frost in Kontinentaleuropa haben - also zunehmend starke Differenzen. Dazu das meist noch warme Mittelmeer. Ähnliche Phänomene sehen wir ja auch beim Thema Wasserhosen (Tornado über Wasser, überwiegend Typ-II), z.B. warme Ost- & Nordsee + kalte Landmasse in Deutschland. Nun sind 20°C Wassertemperatur (Siehe Karte der aktuellen Wassertemperaturen in Europa (DWD)) nicht viel für das Mittelmeer, da sind deutlich höhere Werte üblich und im Rahmen von Medicanes auch immer wieder aufgefallen. Man darf aber nicht ignorieren, dass 20°C quasi Badetemperatur ist und es massive Temperaturdifferenzen gibt, wenn z.B. im türkischen Festland Frost herrscht. Wir sprechen hier von Temperaturdifferenzen von bis zu 30 Kelvin - oder anders gesagt der Unterschied zwischen Frühsommer und Dauerfrost.
Das geplante Tief ist also durchaus interessant. Medicane hin oder her. Windtechnisch sehe ich aktuell gar keine so schlimmen Prognosewerte. Allerdings sind bis zu 200mm Niederschlag an der südtürkischen Küste sicherlich ausreichend für Überschwemmungen und Erdrutsche - in den Bergen Schneechaos. Die warme, feuchte Luftmasse, die sich über dem Mittelmeer befindet, wird quasi gegen die Südtürkei gedrückt und dort mit kalter Luft sowie Gebirge konfrontiert - also regelrecht schwammartig ausgequetscht.
Für länderübergreifende Warnungen gibt es entsprechende Einrichtungen, die mal funktionieren, mal nicht. Zuletzt haben sie bei den Überschwemmungen im Ahrtal mal wieder grandios versagt - zumindest auf deutscher Seite. Im Ausland wusste man sehr genau, was uns bevorsteht und es wurde darauf hingewiesen. Inwiefern das alles gut zusammen funktioniert liegt also maßgeblich daran, wie und wo die Bevölkerung Wetterinformationen abruft, wie gut nationale Dienste arbeiten und inwiefern Behörden und Institutionen in übergreifende Prozesse eingebunden sind und darauf angemessen reagieren. Für die Türkei liegen mir hier keine Informationen vor, zumal diese ja bewusst Distanz zu Europa wahren. Schätzungsweise - und gemessen an früheren Ereignissen - wird man in der Türkei, besonders in ländlichen Gegenden, nicht sonderlich professionell auf drohende Unwetter vorbereitet sein.
Auf unserer Karte haben wir zwar kein Radar für das östliche Mittelmeer, aber in der Blitzortung wird etwas zu sehen sein. ► Zur Livekarte für Türkei+Umgebung (Unter "Daten" die Blitze aktivieren)
Wir beschäftigen uns hier überwiegend mit lokalen Unwettern und Stormchasing. Großräumige Wetterphänomene sind zwar auch interessant - zumal sie ja das lokale Wetter vorgeben - allerdings ist das Thema globales Wetter / Klima etwas weiter entfernt von unserem Hauptthema. Dennoch ist es natürlich immer wieder spannend, über den Tellerrand zu schauen.
Mit dem Thema "Medicane" ( "Mediterranean hurricane" ) öffnest du quasi die Büchse der Pandora. Die Forschung beschäftigt sich überhaupt erst seit relativ jüngster Vergangenheit mit diesem Thema - erstmals etwa 1980, als Satellitenbilder ein Thema wurden. Über die Details zur Definition von Medicanes wird immer noch jedes Jahr lebhaft diskutiert.
Wichtig zu wissen ist, dass ein Medicane nicht die Eigenschaften von Hurrikanen teilt. Es handelt sich um ein Grenzphänomen, bei dem tropische Luftmassen und warmes Wasser mit kalten (z.B. polaren) Luftmassen zusammenstoßen und sich ausgeprägte Tiefdrucksysteme entwickeln können. Die Optik kann auf Satellitenbildern dabei durchaus denen der "echten" Hurricanes ähneln, allerdings werden bei Medicanes die spiralförmigen Wolkenbänder von außen angetrieben. Auch ist der Tiefdruckkern nicht selbsterhaltend und höhenwarm, sondern ähnelt eher normalen Sturmsystemen, wie man sie außerhalb der tropischen Zone kennt - also höhenkalt und nicht selbststabilisierend. Die Spiralbänder sind meist mit starken Gewittern und Windeffekten besetzt, während der Kern nicht sonderlich aktiv ist. Bei Hurrikanen ist das anders - hier bildet der Kern ein Auge aus und dort treten die höchsten Windgeschwindigkeiten auf.
Nun ist es aus meiner Sicht echt schwer, einen Medicane sicher vorherzusagen. Theoretisch könnte sich jedes formidable Tiefdruckgebiet auf dem Mittelmehr zu einem Medicane entwickeln, wenn die Bedingungen stimmen. Die Charakteristiken lassen sich dann anhand der Messwerte und mit Satellitenbildern einordnen. Ob das von dir genannte Tiefdruckgebiet ein Medicane wird - also z.B. einen wolkenfreien Kern und Spiralbänder ausbildet - kann meiner Auffassung nach Stand heute nicht sicher vorhergesagt werden. Es ist generell noch etwas weit hin, um eine präzise Prognose für nächste Woche abzugeben.
Es gibt durchaus Medicanes, die im Januar aufgetreten sind. Sogar gehäuft im Januar, vermutlich weil wir hier bereits wieder zunehmende Sonneneinstrahlung mit meist fest verankertem Frost in Kontinentaleuropa haben - also zunehmend starke Differenzen. Dazu das meist noch warme Mittelmeer. Ähnliche Phänomene sehen wir ja auch beim Thema Wasserhosen (Tornado über Wasser, überwiegend Typ-II), z.B. warme Ost- & Nordsee + kalte Landmasse in Deutschland. Nun sind 20°C Wassertemperatur (Siehe Karte der aktuellen Wassertemperaturen in Europa (DWD)) nicht viel für das Mittelmeer, da sind deutlich höhere Werte üblich und im Rahmen von Medicanes auch immer wieder aufgefallen. Man darf aber nicht ignorieren, dass 20°C quasi Badetemperatur ist und es massive Temperaturdifferenzen gibt, wenn z.B. im türkischen Festland Frost herrscht. Wir sprechen hier von Temperaturdifferenzen von bis zu 30 Kelvin - oder anders gesagt der Unterschied zwischen Frühsommer und Dauerfrost.
Das geplante Tief ist also durchaus interessant. Medicane hin oder her. Windtechnisch sehe ich aktuell gar keine so schlimmen Prognosewerte. Allerdings sind bis zu 200mm Niederschlag an der südtürkischen Küste sicherlich ausreichend für Überschwemmungen und Erdrutsche - in den Bergen Schneechaos. Die warme, feuchte Luftmasse, die sich über dem Mittelmeer befindet, wird quasi gegen die Südtürkei gedrückt und dort mit kalter Luft sowie Gebirge konfrontiert - also regelrecht schwammartig ausgequetscht.
Für länderübergreifende Warnungen gibt es entsprechende Einrichtungen, die mal funktionieren, mal nicht. Zuletzt haben sie bei den Überschwemmungen im Ahrtal mal wieder grandios versagt - zumindest auf deutscher Seite. Im Ausland wusste man sehr genau, was uns bevorsteht und es wurde darauf hingewiesen. Inwiefern das alles gut zusammen funktioniert liegt also maßgeblich daran, wie und wo die Bevölkerung Wetterinformationen abruft, wie gut nationale Dienste arbeiten und inwiefern Behörden und Institutionen in übergreifende Prozesse eingebunden sind und darauf angemessen reagieren. Für die Türkei liegen mir hier keine Informationen vor, zumal diese ja bewusst Distanz zu Europa wahren. Schätzungsweise - und gemessen an früheren Ereignissen - wird man in der Türkei, besonders in ländlichen Gegenden, nicht sonderlich professionell auf drohende Unwetter vorbereitet sein.
Auf unserer Karte haben wir zwar kein Radar für das östliche Mittelmeer, aber in der Blitzortung wird etwas zu sehen sein. ► Zur Livekarte für Türkei+Umgebung (Unter "Daten" die Blitze aktivieren)